BEZIRK. (schi) „Beim Fund von Kriegsrelikten, kann Anfassen tödlich sein“, weiß Wolfgang Zieher, Chefinspektor des Bezirkspolizeikommando Ried. Er selbst erhielt 2007 einen Anruf eines Mannes: „Ich habe da was gefunden, das wie eine Bombe aussieht. Was soll ich tun?“Der Chefinspektor machte sich damals selbst auf den Weg zum Fundort. Es stellte sich heraus, dass es sich um eine Rohrbombe handelte. „Heute ist mir bewusst, dass ich in einer Sache leichtsinnig gehandelt habe“, sagt Zieher. „Ich habe ein Foto gemacht.“ Bei Sprengsätzen, egal welcher Bauweise, könne es durch die Strahlung von Handys, Kameras oder anderen Geräten zu der Auslösung des Zünders führen. „Ich verständigte sofort ein sprengstoffkundiges Organ (SKO) der Polizei und den Entminungsdienst des Bundesheeres. Diese Leute sind speziell dafür ausgebildet, Sprengmittel zu identifizieren.“ Der Entminungsdienst stellte fest, dass es sich um eine original nachgebaute Rohrbombe gehandelt hat, die mit Nägeln gefüllt war. Der Zünder war jedoch eine Attrappe. Dieser Fall ist glimpflich ausgegangen. Doch es geht auch anders: „2008 bastelte ein Rieder mit
Raketen und verschiedenen Chemikalien herum. Es ging schief. Bei der Explosion verlor er drei Finger. Das Fenster samt Terrassentür seiner Wohnung im ersten Stock wurde aus der Wand gerissen und landete im Hof der Wohnanlage“, so Zieher. Aber damit nicht genug: Neun Jahre später, im Februar 2017, fand die Polizei heraus, dass der Innviertler Kriegsrelikte sammelte und diese im Hausruckwald hortete. Neben 130 Granaten und 25 Kilo Munition fand der EMD zehn Panzerfaustzünder und eine Panzerabwehrgranate. „Es ist ein Wunder, dass er sich nicht selbst in die Luft gesprengt hat“, sagen die Experten des Entminungsdienstes. Der Mann wurde auf freiem Fuß angezeigt.
Wer einen verdächtigen Gegenstand findet, sollte sofort in der nächsten Polizeidienststelle anrufen. Danach gilt es drei Dinge zu beachten, bis die Experten von der Polizei und des Entminungsdienstes vor Ort sind und übernehmen: nichts anfassen oder fotografieren, genug Sicherheitsabstand halten und darauf achten, dass sich keine Menschen oder Tiere dem Gegenstand nähern. Je nachdem wie groß der Fund ist, wird von der Polizei ein dementsprechender Schutzabstand eingerichtet. Dieser kann einige hundert Meter bis hin zu einem Kilometer betragen. Wenn Straßen in der Nähe sind, werden sie gesperrt und der Verkehr umgeleitet. „Ich kann nicht oft genug betonen, dass der Fundgegenstand nicht berührt werden soll. Vor einiger Zeit brachte uns jemand eine alte Handgranate in die Dienststelle. Ich will mir gar nicht vorstellen, was passieren hätte können“, sagt Chefinspektor Zieher. „Die Sprengmittel sind nach wie vor gefährlich und können jederzeit explodieren. Egal wie alt sie sind.“
Leider gibt es keine genauen Daten darüber, wo genau im Bezirk noch Kriegsrelikte vermutet werden. Die Städte Salzburg und Graz haben einen öffentlich zugänglichen Bombenkataster erstellt, um zukünftige Bauvorhaben besser planen zu können, ohne auf unangenehme Überraschungen zu stoßen.
Beim Fund von Kriegsrelikten, wird der Entminungsdienst (EMD) des Bundesheeres verständigt. Die Experten sind für alle Arten von Munition, die aus der Zeit vor 1955, stammt zuständig. Durch die Dienststelle in Wien, sowie Außenstellen in Graz und Hörsching, können die Spezialisten innerhalb kürzester Zeit vor Ort sein. „Kann das Kriegsrelikt sicher transportiert werden, wird es in ein Munitionslager des Bundesheeres gebracht. Dort werden die Funde gesammelt und auf einem Truppenübungsplatz kontrolliert gesprengt“, so Zieher. Wenn der Transport zu riskant ist, geschiehe das vor Ort.
Von den insgesamt 1.067 Einsätzen wurde der EMD in Oberösterreich 122 Mal angefordert. Die Experten haben 1,8 Tonnen an Kriegsmaterial gefunden, entschärft und entsorgt.
Von den Kampfhandlungen des Zweiten Weltkrieges blieb Ried verschont. Erst gegen Kriegsende führten drei Luftangriffe zu geringfügigen Beschädigungen in der Bahnhofsgegend und beim Konvikt St. Josef (Landesmusikschule).Die meistgefundenen Gegenstände sind daher unter anderem Handgranaten, Infanteriemunition und Panzerfäuste. Am Bahnhof Ried sollen noch unentdeckte Fliegerbomben sein.
Allein über Linz wurden 10.000 Fliegerbomben abgeworfen. Wie viele heute noch als Blindgänger unter der Erde liegen, ist schwer zu sagen. Eine digitale Karte, ein Bombenkataster, gibt es von Oberösterreich nicht. Die Städte Graz und Salzburg haben bereits so einen Kataster. Aus dem Magistrat der Stadt Linz heißt es aber, dass kein Bedarf dafür bestehe.
Der Krieg in Österreich ist vorbei. Seine „Überbleibsel“ sind aber leider noch da. Der Rieder „Bombenbastler“ hatte in diesem Fall mit drei verlorenen Fingern noch Glück im Unglück. Er hätte auch tot sein können. Die selbsternannten Schatzsucher und Kriegsreliktsammler bringen nicht nur sich selbst in Gefahr, sondern auch ihre Mitmenschen. Der Mann konnte nur deshalb so schnell überführt werden, weil ein Bekannter herausgefunden hatte, was er im Hausruckwald macht. Dank ihm wurde die Polizei auf den Rieder aufmerksam. Sonst wäre es wahrscheinlich anders ausgegangen. Wichtig ist, dass alle verdächtigen Gegenstände, aber auch verdächtige Personen gemeldet werden. Nur so kann die Sicherheit der Einwohner gewahrt werden.Bitte fassen Sie gefundene Kriegsrelike nicht an, sondern rufen Sie die Polizei!
Foto-Fonte: meinbezirk.at